Die aktuelle Lage rund um die Corona-Pandemie ist leider noch lange nicht vorbei. In vielen Ländern rum um den Globus wütet das Virus noch immer und kam auch am 05. März in Südafrika an, wovor sich Regierung und besonders Einwohner fürchteten.
Wenn das Virus in die Townships gelangt, wird es wüten wie ein Feuer und das war auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa bewusst. Nachdem am 15. März kurzerhand Grenzen und Schulen geschlossen wurden und am 27. März schließlich eine der strengsten Ausgangssperren der Welt verhängt wurde, kamen viele Probleme mit sich, die besonders Einwohner der teils menschenunwürdigen Townships trafen.
Wie würden diese Menschen überleben, wenn sie schon am Existenzminimum hingen?
Wie bringt man Kindern bei nicht mehr draußen spielen zu können und Abstand zu halten?
Wie werden Familien, die auf engstem Raum zusammenleben, aufeinander hocken, ohne dass die Stimmung kippt?
Dass die strenge Ausgangssperre die einzige Lösung war passte deshalb nicht jedem. Besonders in den Townships nahe Johannesburg brach Gewalt zwischen Einwohnern und dem Militär aus, das großflächig zur Überwachung eingesetzt wurde.
Die Sperre wurde schlussendlich bis auf Ende April verlängert und hält, mit langsamer Lockerung, bis jetzt noch immer an.
In Motherwell dagegen ist die Lage um einiges entspannter, denn das Township hat bis jetzt noch keine gemeldeten Infektionen. Durch gestartete Spendenaktionen werden regelmäßig und immer mehr Essenspakete an die Bedürftigen verteilt. Auch unsere Non-Profit Organisation Emama Nutrition – auch bekannt als Mamas Place – bleibt weiterhin als Suppenküche für die Kinder erhalten, lehrt die Kinder über Sicherheitsvorkehrungen und liefert ihnen Essenspakete und Mahlzeiten.
Viele Bewohner halten sich an die strengen Regeln, auch wenn es fast unmöglich zu sein scheint. Besonders den Kindern wird von Anfang an beigebracht Abstand zu halten und Desinfektionsmittel, das gespendet und bereitgestellt wird zu benutzen. Wasser wird in großen Kübeln bewahrt, damit die Ansteckungsgefahr an den wenigen Wasserquellen reduziert wird.
Ein großes Problem stellt jedoch der Andrang an den größeren Supermärkten dar. Nur eine bestimmte Anzahl an Menschen darf eintreten, die Restlichen müssen sich in einer langen Schlange draußen gedulden, sodass dort Kontakt entsteht, den man durch diese Regelung eigentlich verhindern wollte.
Nichtsdestotrotz wird der Zusammenhalt durch diese besondere Lage kräftiger und die Bewohner schauen optimistisch in die Zukunft. Da die gegenseitige Hilfe unter den Bewohnern immer da war, wurde diese nur noch mehr bestärkt.
Besonders wichtig ist es, Bedürftigen nun in dieser schwierigen Zeit zu helfen und ihnen das bereitzustellen, was sie zum Überleben brauchen. Denn bis jetzt weiß noch niemand, wie lange das neuartige Virus anhält und wie lange die Maßnahmen anhalten müssen, bis man über eine Besserung sicher sein kann. Die Infektionsfälle konnten seit Ausbruch deutlich abgeschwächt werden, doch seit geraumer Zeit steigen diese wieder an und es werden zur Folge immer mehr Todesopfer gefordert.
Ob die Maßnahmen der letzten Wochen viele Menschen retten konnte oder ob es nur die Ruhe vor dem Sturm ist, wird sich leider erst in geraumer Zeit zeigen.
Trotz der engen Lebensverhältnisse und der meist überfüllten Hütten ist der Zusammenhalt in dieser Krise immens.
Wie wichtig eine gesunde Ernährung ist, bekommen viele von uns schon im Kindesalter beigebracht. Da dies in Südafrika allerdings eher die Ausnahme als die Regel ist, haben wir mit unserem Herzensprojekt “Mama´s Place” einen experimentierfreudigen Workshop gestartet. Ziel war es mit den Kindern aus dem Township interaktiv und spielerisch verschiedene Food-Themen zu bearbeiten. Ein wichtiger Punkt war für uns vor allem das Thema Zucker! Mit Ratespielen, Quiz und einem kurzen Zeichentrickfilm sind die Kids sofort in das Thema eingestiegen und haben fleißig mitgemacht.
Obst und Gemüse- Für viele Südafrikaner nicht selbstverständlich.
Was ist dein Lieblingsessen? Bei unserer Einstiegsfrage an die Kinder, wurden wir sofort überrascht. Ich hatte mit Antworten wie: “Chips, Nudeln, Schokolade” gerechnet. Stattdessen kam jedoch “Karotten, Kraut, Suppe, Ananas und Äpfel” zurück. Gesunde Dinge! Dinge, die vielleicht nicht jeden Tag auf den Tisch kamen. Hinter uns hatten wir ein kleines Sammelsurium verschiedenster Leckereien ausgebreitet. Es gab Gurken, Spinat, Pflaumen, Äpfel, Tomaten, Bananen und Zitronen. Aber auch Zuckerbomben wie Cola, Chips und Schokolade waren dabei. Die Kinder lugten neugierig hinter unsere Rücken und rissen begeistert die Hände nach oben, als wir ihnen die verschiedenen Lebensmittel zeigten. “Was ist das und ist es gesund oder nicht? Denkt ihr da ist vielleicht Zucker drin?”, war unsere Standartfrage. Einzig bei der Kiwi und den Fertigprodukten wie Brot, Dosengemüse und Co. wurde ein bisschen herumgerätselt, doch ansonsten kannten sich die meisten ziemlich gut aus. Auch als wir herumfragten, warum denn Zucker schlecht sei waren die Antworten relativ konkret. “Diabetes, Zähne und Würmer”, riefen die Kinder. Nun ja, bei den Würmen waren wir uns nicht so ganz sicher, aber unsere Schützlinge schienen sich dieser Sache ziemlich sicher zu sein. Einige Dinge waren ihnen jedoch neu. Das Zucker süchtig macht, mehr Hunger erzeugt und sogar das Herz krank machen kann, versetzte viele zum Staunen. Und als wir nachgefragten, wer denn schon ein paar Zähne gezogen bekommen hatte, meldeten sich schüchtern immer mehr von ihnen.
Beim Zuckerquiz wurde wild gerätselt und gelernt
Kochen macht Spaß Nach all der Fragerei und großer Theorie wollten wir nun natürlich auch selbst an die Töpfe. Unter dem Motto : “Health is Wealth” wurde geschnippelt, gerührt und gewürzt. Doch zuvor musste erst einmal eine kleine Waschanlage für schmutzige Hände gegründet werden. Wie wichtig Hände waschen sei, tröteten wir an dieser Stelle noch einige Male in die Kinderschaar, da vor allem das Herumtollen in den Townships eine Partyparade für diverse Viren und Bakterien darstellt. Nun gut, es sollte Salat geben. Dafür hatten wir eine Reihe Zutaten angeschleppt, die relativ preiswert waren, damit sich die Townshipbewohner auch im Nachhinein gleichwertige Mahlzeiten nachkochen konnten. Käse fiel also schon mal raus. Viel zu teuer. Auch Lebensmittel wie Nüsse, Paprika und Brokkoli wurden im Vornherein gestrichen. Dafür gab es dicke Spinatköpfe, Kohl, Gurken, Karotten, Tomaten und Zwiebeln. Auch Eier, Butternutkürbis und Süßkartoffeln gibt hier sehr preiswert im Supermarkt und sollten daher zum Einsatz kommen. Kreative Köpfe Bei all den tollen, frischen Lebensmitteln hatten wir eine Sache jedoch nicht bedacht. Es gab weder genug Messer, noch Schüsseln oder sonstige Küchenutensilien. Also musste es kreativ werden. Die kleineren durften die dicken Spinatköpfe mit den Händen zerrupfen und in Tüten stopfen, während die Älteren nach den wenigen Schneidemesser griffen um Karotten und Zwiebeln zu zerkleinern. Mit Naturjoghurt, gerupften Frühlingszwiebeln, Knoblauch und Zitronensaft wurde an einem Tisch das Dressing gezaubert, während die anderen Tische wild auf das Gemüse einhackten. Parallel blubberten in zwei eisernen Töpfen Eier, Kürbis und Süßkartoffeln vor sich hin. Die letzte Gruppe kreierte unterdessen leckere, gesunde Getränke, indem sie Ingwer, Zitrone und Gurken in mehrere Wasserkanister beförderten.
Gemüse macht uns stark! Die Kids lernten wofür Spinat und Co. wichtig sind.
Der Kampf um die Möhren Wie bei allen Naschkatzen auf der Welt, landete auch hier auch mehr im eigenen Mund, als in den provisorischen Töpfen. Vor allem die Karotten schienen einen regelrechten Hype zu erzeugen und immer mehr Kinder mümmelten genüsslich an ihren Möhren. Es entstanden regelrechte Möhren-Rangeleien und in wenigen Stunden verschwanden sage und schreibe 6 Kilo Karotten. Als es dann endlich soweit war, die Salatschüsseln vor buntem Gemüse nur so leuchteten und zusätzlich mit gekochten Eiern, Kürbis, Süßkartoffeln und Yoghurtdip bespickt waren, rannten die Kinder in Scharen zu ihren Häusern um Schalen, Plastikdosen oder anderweitige Behälter als Tellerersatz heranzuschaffen.
Dinnertime Dann ging es los. In wilder Gier streckten uns die fleißigen Köche ihre Schalen den Töpfen entgegen, um ihre eigenen Kreationen zu testen. Wir kamen kaum noch hinterher, da plötzlich immer mehr Kinder durch die schmale Tür huschten, um auch etwas von der Mahlzeit ab zubekommen. Es wurde ganz schön eng, doch mit ein paar extra Kartoffeln musste letztlich keiner leer ausgehen. Die Reaktionen vielen recht unterschiedlich aus. Während die meisten genüsslich an dem neuen, grünen Zeug auf ihrem Teller herumkauten, beugte manch Anderer das Ganze etwas kritisch und war sich wohl noch nicht ganz sicher ob es denn nun schmeckte oder nicht.
Nwabisa, die Leiterin von Mamas Place
“Das ist für viele Kinder hier das erste Mal, dass sie Salat essen”
Nwabisa, Suppenküchenmama
Tatsächlich waren die meisten Kinder vorher noch nie mit Salat in Berührung gekommen und mussten sich daher erst einmal an diese neue Mahlzeit gewöhnen, erklärte uns Nwabisa, die Suppenküchenmama. Das besondere Highlight für alle Kinder, waren schließlich die selbstgemachten Getränke. Bis auf den letzten Tropfen wurde das Zitronen-Ingewer-Gurken Wasser ausgetrunken und der Gedanke an süße Säfte oder Cola kam gar nicht erst auf. Nicht nur für uns, sondern auch für Nwabisa und die anderen Helfer war der Tag schlussendlich ein voller Erfolg. Damit dieses Erlebnis nicht zur klassischen Eintagsfliege verpufft, soll es nun regelmäßig ein “Green Salad Day” in der Soupkitchen geben. Auf diese Weise haben die Kinder auch weiterhin die Chance ein Gespür für eine gesündere Lebensweise zu entwickeln.
Eine haushohe Reklametafel mit einer leuchtend roten Colaflasche bedruckt thront neben einem Schulgebäude, an Straßenrändern stapeln sich die Werbeanzeigen für Softdrinks, Snacks und Fastfood und in den Supermärkten muss zuerst ein enger Süßigkeitentunnel durchquert werden, bevor die Kasse erreicht werden kann.
Gerade für ungesunde und zuckrige Lebensmittel scheint die Werbeindustrie hier in Südafrika ein besonders großes Faible zu haben. Weizenreiche Kost und fettiges Fast-Food gehören hier zwar schon zu den absoluten Top 10 der Lieblingslebensmitteln, doch einen bestimmten Kandidaten können sie einfach nicht vom Thron kicken. ZUCKER!
Die unangefochtende Nummer 1! Überall ist er zu finden. Ganz nach der Devise: “Hm schmeckt noch nicht perfekt, Zucker macht´s komplett!” Tatsächlich erfordert ein Supermarktbesuch, bei dem man sich auf die Suche nach zuckerfreien Lebensmitteln macht eine deartige Dedektivarbeit, dass man sich lieber genügend Zeit einplanen sollte. Dosengemüse, rote Beete, Yoghurt, Kaffeepulver, Frühstücksflocken, ja sogar in Babbybreigläsern tummelt sich der weiße Stoff und sorgt still und leise für einen übergreifenden Suchtfaktor.
Die süße Lüge Ja, Zucker macht süchtig. Er schüttet Botenstoffe aus, die uns glücklich machen und in eine regelrechte Abhängigkeit treiben. Wer schon mal einen kalten Zuckerentzug durchlebt hat, weiß wie sehr sich die Laune in dieser Zeit verschlechtert. Der Körper sträubt sich vehement gegen diesen Verzicht, bevor er nach einigen Wochen wieder richtig aufblüht und das zuckerfreie Leben feiert. Während die meisten von uns jedoch bereits in der Schule oder durch die eigenen Bio-Eltern über die negativen, gesundheitlichen Auswirkungen des Zuckerkonsums aufgeklärt worden sind, haben viele erwachsene Südafrikaner noch nie etwas davon gehört. Zucker soll schlecht sein? Und das obwohl auf jedem zweiten Müsliriegel etwas von “Vitamine und gesund” steht? Tatsächlich ist vor allem in der ärmeren Bevölkerung die Werbung, die sie sehen, die einzige Informationsquelle die sie haben. Viele Bewohner der Townships sind selbst nie zur Schule gegangen oder haben sich je Gedanken um den süßen Stoff gemacht.
Auch die Tatsache, dass viele Kleinkinder kaputte Milchzähne haben und kaum ein Erwachsener Mitte 20 noch alle seine Zähne besitzt, wurde nie auf die Ernährung zurückgeführt. Erklärungen werden sich mit einem Schulterzucken zusammengebastelt:
“Ach, mein 2-jähriger hat vorne keine Zähne mehr. Die mussten ihm gezogen werden, weil sie alle verfault waren. Aber bei mir war das als Kind genauso. Vermutlich haben wir da einfach schlechte Gene.”
-Südafrikanischer Vater
Gleichzeitig verschlingt der 2-jährige Junge einen Jumbo-Karamel-Sahne Milchshake, den Papa liebend gern bestellt. Auf die Frage, ob es nicht an den unmengen von Süsißkeiten liegen könnte, wird ungläubig geguckt. Und als wir auch noch den Lieblingsfreund “Zucker” als böses, zähnefressendes Teufelchen enttarnen, fällt er aus allen Wolken? “Das habe ich nicht gewusst und bisher noch nie gehört.”, lautet die Antwort.
Trugbilder aus dem Westen Niemand möchte seinen Kindern bewusst etwas geben, was sie krank machen könnte. Weder arm noch reich, weder gebildet oder nicht. Doch was, wenn man einfach nichts über gesunde und ungesunde Lebensmittel weiß, weil man es nie gelernt hat? Und hier kommen die Touristen ins Spiel! Ein weitverbreiteter Irrglaube ist, dass man Kindern immer eine kleine Freude mit einem Schokoriegel macht und vor allem dann, wenn man durch ein armes Viertel irgendwo in Südafrika spaziert. Da würden die Kleinen doch sicherlich nie an etwas so leckeres kommen. Man selbst möchte ja nur etwas gutes tun und über etwas Süßes freut sich doch jeder. Zuhause ist es schließlich nicht anders…. STOP! Zuhause ist es deshalb etwas Besonderes, weil die meisten Kinder im Westen von ihren Eltern wie ein grüner Setzling gehegt und gepflegt werden. Statt Fertigpizza und Dosenmais kommt eher Biogemüse, die unbehandelte Sojamilch oder die glutenfreien Haferflocken auf den Tisch. Ein Stückchen Schokolade ist also eine bewusste Entscheidung für ein bisschen Genuss. In den südafrikanischen Townships ist es allerdings häufig genau anders herum. Die Kinder bekommen beinahe nur süßes Zuckeressen, weil Zucker einfach in ALLEM integriert ist. Schokolade und Co. sind günstig im Supermarkt zu erwerben und frei nach dem Motto: Was schmeckt, wird schon auch gut für uns und die Kinder sein”, funktioniert hier die Ernährung.
A apple a day, keeps the doctor away– und sorgt für ein strahlendes, gesundes Kinderlächeln
Wissen ist Macht Wer also wirklich bewusst etwas gutes tun möchte, lässt seine Schokoriegel lieber zuhause und bringt den Kindern ein paar Äpfel, Pfirsiche oder Birnen mit. Auch eine Tüte mit gesunden, frischen Lebensmitteln wie Salat oder Gemüse ist eine weitaus größere Bereicherung als dem vorbeilaufenden Bettelkind ein paar Scheine in die Hand zu drücken. Beinahe noch wichtiger ist jedoch Aufklärung. Sprecht über dieses Thema und teilt eure eigenen Erfahrungen und euer Wissen. Die meisten Südafrikaner hören interessiert zu und machen sich ernsthaft Gedanken darüber. Vor allem die Kinder wollen lernen und sind extrem neugierig. In dem Township Projekt Mamas Place, welches Teil unseres Dokumentarfilms African Flower ist, werden daher immer wieder Workshops für die Kinder und die Erwachsenen durchgeführt. Hier wird besonders gern dieHilfe von externen Freiwilligen gesehen, die durch eigene Kenntnisse und Wissen in irgendeinem Feld etwas beitragen können. Jeder ist Willkommen. Wir konnten hier zum Beispiel mit einem spielerischen Ernährungsworkshop zum Thema Zucker und anschließendem gemeinsamen Kochen etwas von unserer persönlichen Salatliebe und unserem Rohkostwissen weitergeben.
Was sind eure Ideen und Meinungen zu diesem Thema?
Ein kleines dunkles Mädchen mit schmutzigen Füßen klammert sich mit großen traurigen Augen an die Hand eines “weißen” Touristen. Ehrfürchtig überreicht der Fremde dem Kind eine Schüssel mit pampigen Brei und zückt im selben Atemzug sein I-Phone , um diesen heroischen Moment für seine Instagram Follower festzuhalten. Das Kind noch ein bisschen ins rechte Licht rücken, die eigene Frisur zurechtzupfen und den betroffenen Gesichtsausdruck aufsetzten. Klick, Klick, Klick. Fertig.
Schließlich muss ja jeder Einzelne darüber informiert werden, wie aufopferungsvoll man gerade im Einsatz für die kleinen armen Kinder ist. Zuhause warten dann die Lobesreden und Respektbekundungen, die das eigene Ego doch so gerne hat.
Szenen und Bilder wie diese lösen nicht zu Unrecht immer wieder große Diskussionswellen über Tourismus in ärmeren Ländern aus. Vor allem große Tourenanbieter die kommerzielle Ausflüge in Slums und Townships, also die ärmsten Regionen des Landes anbieten, stehen stark in der Kritik. Die extreme Armut wird für zahlreiche Touristen zum beliebten Fotomotiv und bestätigt in ihren Augen das perfekte Bild des armen Entwicklungslandes wieder.
Sich an der Armut von anderen zu erlaben und diese dabei gekonnt in Szene setzen: Das ist es was “Poverty Porn” im Großen und Ganzen beschreibt. Das gemeine, schlechte Gewissen, welches ganz leicht an einem nagt wird dabei einfach mit Süßigkeiten oder ein paar Münzen für die Kinder ausgemerzt, die man vor Ort verteilt.
Aber muss es so sein?
Gerade die Townships in Afrika haben einen recht brenzligen Ruf, dem vor allem Kriminalität, Armut und Unsicherheit zugeschrieben wird.
“Es ist gefährlich. Geh dort nicht hin, du wirst sofort ausgeraubt. Da sind nur bettelnde, wilde Kinder oder herumlungernde Bettler.” Sätze wie diese prägen sich in unsere Erwartungshaltung ein und formen ein Bild, dass sich mittlerweile zu einem tragenden Identitätsmerkmal für das ganze Land entwickelt hat. Dieses Bild wird durch die besagten Tagestouristen stetig aufrecht erhalten, die mit ihren Fotos eben genau die Szenen zeigen, die man eben erwartet vorzufinden. Eine kleiner, böser Teufelskreis unter dem vor allem die Bewohner der Townships leiden.
Auch diejenigen, die im Grunde “nur helfen wollen” richten dabei oft mehr Schaden als Nutzen an. Szenen von besagten Suppenküchen, die nur durch die Hilfe eines missionierenden “Weißen” funktionieren, transportieren ein ebenso falsches Bild nach außen, wie der herumlungernde Alkoholiker zwischen zerfallenen Wellblechhütten.
“Wir freuen uns über Besuch und auch die Touristen sind hier willkommen aber wir wollen nicht so dargestellt werden, als könnten wir uns nicht selbst um unsere Kinder kümmern!”
Die Kinder lernen in Mama’s place mehr über Kunst und kriegen Hilfe bei den Hausaufgaben.
Die Kinder hier gehen genauso zur Schule wie alle anderen, sie spielen Ball und lieben es zu malen und zu tanzen. Sie haben Lieblingsfächer in der Schule und wollen später Polizist, Anwalt oder Tierarzt werden. Die Erwachsenen hingegen machen sich Gedanken, planen Gruppen und Organisationen, um Probleme zu mindern. Müll, Kindeswohl, Wohnsituation und kulturelles Angebot liegt hier vielen Bewohnern am Herzen. Hier leben Künstler, Poeten, Lehrer, Kreativisten und Visionäre, die gelernt haben aus jeder noch so schlechten Situation das Beste herauszuholen. Es sind Kämpfer und Macher, die für sich und ihre Kinder eine bessere Lebensgrundlage in den Townships erschaffen wollen.
Holzarbeiten made in Motherwell
So findet man in den Townships beispielsweise Holzwerkstätten in denen von Ulundi Handwerkskunst erschaffen wird. Mzi veranstaltet Poetry Slam Sessions und Filmabende und führt mit Spido und den Townshipkids Aufräumaktionen zur Minderung der Müllberge durch. In Sakumzis Galerie kann man farbenprächtige Bilder erwerben und bei Mamas Place können die umliegenden Kinder jeden Tag tanzen, malen und Träume entwickeln. All dies wird von den Bewohnern selbst organisiert und voran getrieben.
In Mama’s place können die Kinder an verschiedene Workshops teilnehmen und erhalten täglich eine warme Mahlzeit.
Hier will man kein Mitleid von Touristen und schon gar keine fotografischen Relikte, die den Eindruck von machtloser Bedürftigkeit vermitteln. Man möchte ihre Unterstützung im kreativen Denken und im Vorantreiben ihrer Projekte. Vieles steckst natürlich noch in den Kinderschuhen, da es einfach an Ressourcen, Möglichkeiten und Know How mangelt aber der Wille da. Und genau hier kann der Tourismus wahre Wunder bewirken, wenn er richtig eingesetzt wird.
Führungen durchs Township sind keineswegs grundsetzlich negativ. Sie sollten einfach nur bewusster und neugieriger hinterfragt werden. Die Menschen, egal ob Kind oder Erwachsene posieren gern für Fotos mit Fremden, sie freuen sich über Besuch und lieben es ihre Geschichten zu erzählen. Was ihnen am Herzen liegt ist eine Begegnung auf Augenhöhe und keine ängstlichen Schnappschüsse aus dem Inneren eines Wagens.
Wer wirklich etwas bewirken möchte, kann zum Beispiel die selbst gemachten Kunstwerke kaufen anstatt jedem Bettler ein paar Münzen in die Hand zu drücken. Dadurch wird die Botschaft vermittelt, dass ehrliche Arbeit entlohnt wird. Stichwort: Hilfe zur Selbsthilfe!
Almosen hingegen stärken nur wieder das Bild des reichen Weißen Mannes, der sicherlich ein bisschen Geld abdrücken kann. Auf diese Weise werden Bettler und Diebe herangezogen, die den Sinn von ehrlicher Arbeit nie kennen gelernt haben.
Alternativ sind Lebensmittelspenden gern gesehen. Und bitte keine Süßigkeiten oder Zuckershakes. Davon haben die Kinder hier mehr als genug. Gesunde und frische Lebensmittel hingegen stehen aufgrund der hohen Preise für die wenigsten auf der täglichen Speisekarte. Tatsächlich leiden viele Menschen hier aufgrund der einseitigen Fehlernährung eher an Übergewicht. Die allgemeine Unwissenheit gegenüber Zuckerkonsum und fettigem Fast Food ziehen häufig viele gesundheitliche Probleme mit sich. Also besser ein paar Äpfel in der Tasche haben, als eine Packung Schokoriegel!
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Auch Freiwillige können sich miteinbringen. Mit den Kindern tanzen, malen und singen. Sie auf Ausflüge an den Strand begleiten oder einfach nur mit ihnen lesen. Eigene Talente sind auch immer gern gesehen. Auch Projektentwickler, Marketing-Profis oder kreative Köpfe, die Ideen für den Ausbau von Projekten haben treffen meist auf ein offenes Ohr. Wichtig ist eine Arbeit Seite an Seite, bei der jeder beteiligte voneinander lernen kann.
Trotz all dieser optimistischen Worte, lassen sich natürlich nicht die ganzen bestehenden Probleme in den Townships leugnen.
Natürlich gibt es hier vermehrte Kriminalität und man sollte vielleicht nicht unbedingt abends allein mit offener Handtasche durch die Straßen flanieren. Sich deshalb jedoch heimlich hindurchzumogeln und bewusst nur die schlechten und traurigen Seiten der Townships einzusammeln, ist letztlich jedoch Selbstbetrug.